Während die Umgangssprache den Genitiv schon fast aufgegeben hat, kommt man im anspruchsvolleren Schriftdeutsch kaum um ihn herum. Felsenfeste Regeln zur Genitivbildung gibt es nicht, die Endungen von Wörtern im Genitiv variieren. Bei bestimmten Begriffsarten gibt es mehrere Wege, wobei es teils stark auf das Sprachgefühl des Sprechers ankommt. Eine kleine Übersicht über Wahlmöglichkeiten bei der Schreibung von Genitiven.
Bei maskulinen und sächlichen Wörtern wird meist s oder es angehängt. Bei femininen Wörtern gibt es meist gar keine Änderung am Wortende, der „weibliche Genitiv“ wird in der Regel nicht gebeugt.
Bei Wörtern, die bereits auf s enden, wird im Normalfall die Endung es angefügt. Kein zusätzliches s wird angehängt bei einigen, wenigen Begriffen. Ein Apostroph wird in diesen Fällen niemals gesetzt (ein fehlendes Genitiv-s signalisiert man ausschließlich bei Eigennamen)!
Normalerweise nicht mit Genitiv-Endung versehen werden fremdsprachige Wörter in deutschen Sätzen, d. h. Begriffe, die nicht zum üblichen deutschen Wortschatz gehören. Dazu zählt auch Fachvokabular. Die Genitivform der Ursprungssprache wird dabei nicht übernommen.
Schon anders sieht es bei Fremd- oder Lehnwörtern aus, die bereits Teil der deutschen Sprache geworden sind. Hier hat sich ein Genitiv bereits herausgebildet und wird entsprechend verwendet. Genus und passende Genitivendung entsprechen dabei nicht zwangsläufig dem deutschen Gegenpart.
Das Sprachgefühl des Sprechers/Schreibers entscheidet dabei, ob er einen Begriff als eingedeutscht wahrnimmt oder als fremdsprachig betrachtet – oder ob er ihm Eigennamencharakter zugesteht oder nicht. Der Highway könnte daher auch klein- und s-los geschrieben werden, obwohl er längst im Duden steht.
So wurde z. B. früher auch das Internet meist noch als Fremdwort aufgefasst und entsprechend behandelt („die Anfänge des Internet“) – heute ist das Gentitiv-s („die Verbreitung des Internets“) des nun als Bestandteil des Deutschen geltenden Fremdwortes normal und richtig geworden, „des Internet“ hört man nur noch selten.
Möglichst nicht gebeugt werden im Deutschen außerdem (Eigen-)Namen, die damit also ebenfalls kein Genitiv-s erhalten, wenn es um eine Konstellation mit Artikel geht:
Schon Goethe strich seinem Werther das Genitiv-s bei der ersten Überarbeitung aus dem Titel, sodass das Werk heute „Die Leiden des jungen Werther“ heißt. Das respektvolle Behandeln von Namen, indem man sie möglichst nicht verändert, bringt den Vorteil mit sich, dass die Eindeutigkeit erhalten bleibt – man muss nicht raten, ob man es mit Herrn Werther oder Herrn Werthers zu tun hat.
Bei Namen, die ohne Artikel stehen, wird natürlich ein s angehängt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das Genitiv-s auf z. B. ein anderes s, auf x oder z treffen würde. Also immer dann, wenn das zusätzlich gesprochene s nicht hörbar wäre. In diesen Fällen wird das s weggelassen und stattdessen zwingend ein Apostroph geschrieben:
Die generelle Verwendung des Apostrophs (Frank’s statt Franks) ist seit der Rechtschreibreform ebenfalls möglich, um den Namen deutlicher herauszustellen (wenn möglich sollte er aber weggelassen werden, da der Apostroph im Deutschen primär ein Auslassungzeichen ist und in diesem Fall nichts fehlt).
Bei vorangestelltem Artikel und Endung auf s/x/z entfällt der Apostroph ebenfalls,
bei fehlendem Artikel taucht er aber wieder auf:
Gerade Firmen und Konzerne sehen es nicht gerne, wenn man an ihren geschützten Bezeichnungen herumdoktert – und sähen Marken und Firmennamen am liebsten in Stein gemeißelt. Tatsächlich ist die Rechtschreibung von Marken- und Firmennamen durch die amtlichen Rechtschreibregeln freigestellt, doch dies gilt nicht für die Flexion. Auch Firmen-, Produkt- und Markennamen werden daher ganz normal, wie alle anderen Wörter auch, mit Genitiv-Endung ausgestattet.
Bei geographischen Begriffen ohne Artikel ist die Sache recht klar. Hier kommt ein s ans Ende, um den Genitiv zu markieren.
Chaotisch wird es jedoch bei mit Artikeln verwendeten Orten, wie z. B. der Atlantik, der Neckar, der Irak, der Sudan oder der Iran.
Hier ist sich die Sprachgemeinschaft nicht einig, wie sie verfahren soll. Mancher behandelt diese Begriffe wie Eigennamen, deren Kennzeichen jedoch gerade das Fehlen eines Artikels ist, und beugen das Wort nicht. Die anderen bilden den Genitiv wie sonst auch.
Der Sprecher/Schreiber entscheidet somit, ob er durch den Verzicht auf die Beugung des Wortes sprachliche Distanz wahrt und damit den Eigennamencharakter eher durchklingen lässt – oder ob er den Begriff wie ein reguläres Wort behandelt wissen will.
Systematisch betrachtet ist die s-Variante die korrekte Form, die sich zudem durchzusetzen scheint; die s-lose Variante ist aber ebenfalls derart verbreitet, dass kaum von einem Fehler gesprochen werden kann. Beide Schreibweisen sind daher möglich – nur bitte nicht innerhalb desselben Textes.
Die Frage, ob ein im Genitiv stehendes Wort gebeugt wird oder nicht, ist komplex und hat viel mit Sprachgefühl zu tun. Die verschiedenen Möglichkeiten beeinflussen sich zudem untereinander. So wird bei einer als fremd wahrgenommenen und geographischen Bezeichnung der Impuls noch höher sein, auf eine Genitivendung zu verzichten, als das isoliert ohnehin schon der Fall ist. Die Hauptsache bleibt, dass man innerhalb eines Dokumentes Konsistenz wahrt und sich im Zweifel für eine Variante entscheidet, wenn Wahlmöglichkeiten bestehen.