Gut, das Heise.de-Forum zählt nicht gerade zu den Primärquellen, wenn es um Fragen der Rechtschreibung geht. Aber hier hat jemand eine interessante These geäußert, wann man das mit Doppel-s schreibt und wann nicht.

(…) da sich 'dass' immer nur auf ein Wort im vorherigen bezieht.
Beispiel: ich wette, dass…

„Ayounke“ im Heise-Forum

sDas ist zwar interessant abgeleitet, aber natürlich trotzdem Blödsinn. Entsprechend wird der Kommentator auch gleich zurechtgewiesen.

Fehler-Haft-Kenner wissen natürlich: dass schreibt man immer nur mit zwei s und das immer nur mit einem. Und wann welches Wort richtig ist, steht hier.

Interessanterweise wird die falsche These aber richtiger, wenn man die Aussage umdreht: „Dass“ schreibt man nämlich, wenn es einen ganzen Satz/Nebensatz verbindet – und „das“ schreibt man oft (aber nicht immer!), wenn man sich auf ein bestimmtes Wort bezieht. Das* zu erkennen ist aber trotzdem nicht immer leicht, deswegen raten wir bei Zweifelsfällen auch weiterhin zur Gegenprobe mit dieses/jenes/welches (= das).

* Ein Beispiel dafür, wo sich „das“ mal nicht auf ein einzelnes Wort bezieht

Studierende bekommen die meisten noch hin, wenn sie Frauen in der Sprache bewusst miteinbeziehen wollen, doch dann hört’s auch schon auf. Ein besonders auffälliges Beispiel, eine Radioreportage über Schauspielstudenten, die kürzlich im RBB-Hörfunk lief, zeigt, dass geschlechtergerechte Sprache in der Praxis gar nicht so einfach umzusetzen ist und manchmal bei Rezipientinnen und Rezipienten ein großes Fragezeichen hinterlässt. Die Rechtschreibfehler des Manuskripts sind zusätzlich kenntlich gemacht.

Shakespeare und Schauspielstudenten
Jedes Kind kennt die Namen „Romeo und Julia“, der Brite ist Schulstoff im Deutschunterricht – für viele Schüler eventuell mehr Qual als Wahl.

Studenten und Schüler. Was ist mit Schülerinnen und Studentinnen?

(…) Veit Schubert, selbst Schauspieler und Dozent hier[,] arbeitet mit Leonard und Felix aus dem 2. Studienjahr. Veit Schubert verehrt Shakespeare, mit den Studierenden arbeitet er heute an einer Szene aus dem unbekannteren Stück „Zwei Herren aus Verona“.

Studierenden. Studenten wurde vermieden, obwohl es offensichtlich um zwei männliche Studierende geht.

(…) Und Shakespeare bietet nicht nur alle Grundkonflikte als Spielfutter für Schauspielschüler, sondern in jedem Satz gibt es auch immer gleich die ganze Palette Emotionen (…)

Schauspielschüler. Nun nur noch generisches Maskulinum, das die Schülerinnen mitmeint.

Und das ist zutiefst menschlich und trifft die Schauspielstudierenden in ihrer Lebenswelt (…)

Jetzt sind es auf einmal Schauspielstudierende, weibliche Schauspielschüler gleichberechtigt miteinbezogen.

Ein Geschenk für die Nachwuchsschauspieler.

Und wieder zurück zum Generikum. Nachwuchsschauspielende klänge wohl zu ungewohnt.

Für Leonard und Felix, die beiden Studierenden[,] ist es die zweite Arbeit mit Shakespeare.

Geschlechtsneutral Studierende – oder gerade studierende Studenten?

Ein bisschen wirken sie eingeschüchert [sic] von der Verehrung der Dozenten, aber gut finden sie den 450 Jahre alten Meister schon auch, der Klamauk und Psychologie zusammenbringt wie kein anderer.

Und schon wieder back to generisches Maskulinum: Dozenten statt Dozierende.

„Für mich ist das Ausschlag gebendste [sic],[sic] die Freude an der Verwandlung, die Verrücktheit und die große Chance, etwas über Sprache zu lernen, (…)

Aus diesem Beitrag könnte man lernen, dass geschlechtsneutrale Sprache vom Schreibenden eine Menge Konzentration verlangt. Statt neutrale Formen durchgängig zu verwenden, werden sie unnötigerweise (Studierende, wenn es um Studenten geht) oder einfach aus stilistischen Gründen alternierend verwendet (Studenten – Studierenden – Schüler – Studierende – Schauspieler), um Abwechslung in den Text zu bringen. Der Informationsgehalt geht dabei verloren, wird erst gar nicht transportiert oder verwirrend übermittelt, denn es lässt sich nicht mehr mit Sicherheit erkennen, wann tatsächlich die Tätigkeit des Studierens gemeint sein könnte. Bei der ganzen Geschichte zeigt sich zudem ein interessanter Nebeneffekt: Eine explizit weibliche Form wurde kein einziges Mal verwendet.

Man könnte annehmen, Journalisten hätten andere Probleme als den inflationären Gebrauch von Floskeln. Die gerade durch die Berichterstattung geisternde Floskelwolke will den Gegenbeweis antreten. Doch man merkt ihr an, dass hier keine Sprachwissenschaftler am Werk waren. Die Floskelwolke listet durchaus eine Menge dümmlicher Floskeln auf, die den verständigen Leser nerven und in sich selbst unlogisch sind, darüber hinaus aber auch Phrasen, die lediglich die Macher zu nerven scheinen – und Begriffe, die mit Floskeln nichts zu tun haben.
Floskelwolke
Quelle: Floskelwolke.de von Udo Stiehl/Sebastian Pertsch

Zum Beispiel:

Menschen evakuieren
Wer sich am Evakuieren von Menschen stört, hat nicht verstanden, dass Begriffe im Deutschen nicht selten mehrere Bedeutungen haben – und sich Bedeutungen von Zeit zu Zeit sogar verschieben. Neben dem physikalischen Luftleermachen steht evakuieren seit Jahrzehnten sinnbildlich für das Aussiedeln von Bewohnern. Was die alten Römer darunter verstanden, ist nicht relevant. Wer möchte, kann daher beruhigt Menschen evakuieren (aus was auch immer). Die Gebiete, aus denen evakuiert wird, schwingen unsichtbar mit. Andernfalls dürfte es das Substantiv Evakuierter (im Duden nicht erst seit gestern) ebenfalls nicht geben.

Datendiebstahl
Der Techniker weiß: Digitale Daten werden selten tatsächlich gestohlen. Und der Jurist weiß: Erpressung ist in Wirklichkeit meistens Nötigung. Beides hat mit normaler Sprache dennoch nichts zu tun. Um den Vorgang des Entwendens zu beschreiben (ob nun vollständig oder in Kopie), ist die Verwendung des Diebstahl-Bildes, das den ungewollten Verlust illustriert – denn darauf kommt es an – absolut legitim.

zeitgleich
Ist keine Floskel, sondern schlicht ein Wortfehler, wenn es im Sinne von gleichzeitig verwendet wird. Allerdings kann mittlerweile bereits davon ausgegangen werden, dass sich zeitgleich zum Synonym von gleichzeitig mausert – und daher eine Doppelbedeutung erhält, wie es schon bei scheinbar und anscheinend zu beobachten ist.

Grünes Licht
Ein wunderschönes Bildnis für signalisierte Zustimmung – Nervfaktor: Null.

Humanitäre Katastrophe
„Eine Katastrophe kann nicht (…) menschlich sein“. Natürlich nicht die Katastrophe an sich, aber die Katastrophe besonders schlimm für das menschliche Leben. Genau das möchte der Begriff ausdrücken und schafft es auch – in Abgrenzung etwa zur Umweltkatastrophe (die auch nicht durch, sondern für die Umwelt schlimm ist).

Projekte wie das Floskelwolke-Verzeichnis sitzen dem Irrtum auf, dass vermeintlichen Fehlentwicklungen durch Sichtbarmachung entgegengetreten werden kann. Das jedoch bleibt ein frommer Wunsch. Bestenfalls verarmt die Sprache oder der Schreiber beraubt sich legitimer Stilmittel. Das Einzige, was gegen dämliche Phrasen hilft, sind weniger dämliche Phrasen. Journalisten tun daher gut daran, sich ihre eigenen Gedanken zu machen, sich nicht an (Negativ-)Verzeichnissen zu orientieren, sondern generell ausgetretene Pfade zu verlassen und auch in sachlichen Texten frisch und phantasievoll zu formulieren. Zur Kontrolle, ob die platten Wege aktuell auch wirklich verlassen wurden, lässt sich die Floskelwolke dann wiederum gut gebrauchen.

Auch in Berlin gibt es ab diesem Sonntag die „Welt am Sonntag Kompakt“, und der Axel-Springer-Verlag verteilt Gutscheine zur Startphase. Was hätte man da alles draufschreiben können, z.B. „zum Soforteinlösen“ oder „zum sofortigen Einlösen“. Aber nein, …

Ihr Gutschein zum sofort Einlösen

Gebrochenes Deutsch als Werbeträger. Aber es ist überraschend ehrlich: es passt gut zu den nicht fehlerfreien Inhalten der Welt.

Original-Screenshot einer Google-Übersetzung:

Screenshot Google Translate

Bis man automatische Übersetzungen wirklich gebrauchen kann, wird wohl noch eine Menge Zeit vergehen.

Nicht erst seitdem die GEZ versuchte, Begriffe wie GEZ-Gebühr aus der Welt schaffen zu lassen, hatten wir den Verdacht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der doch eigentlich einen Bildungsauftrag hat, mitunter ein merkwürdiges Verhältnis zur deutschen Sprache pflegt.

Auf digitalradio.de, einer von der ARD mitverantworteten Seite zum digitalen Rundfunkangebot, finden interessierte Journalisten einen „Styleguide“, wie man „Digitalradio“ und verwandte Wörter am besten zu schreiben habe.

Richtig wäre demnach z.B.:

DAB+ Empfänger

Eine ausdrücklich falsche Schreibweise wäre nach dieser Liste:

DAB+-Empfänger
Digitalradioprogramme

oder

Digitalempfänger

Alle Schreibenden seien hiermit gewarnt: Verzichten Sie lieber auf diese „Empfehlungen“, wenn Sie keine grammatikalischen Verfehlungen riskieren möchten.

(Dank an „Radiorobbe“ für den Hinweis.)

Auf einem Werbeplakat:

Lernen Sie Methoden
kennen Stress abzubauen!

Das fehlende Komma hat sicherlich Methode, um auch diejenigen für einen Yogakurs zu begeistern, die sich bei mangelnder Zeichensetzung gestresst fühlen.

Heute bestehen die Probleme eher bei der Frage, wo die Leerzeichen hinkommen:

für das Themasen sibilisiert werden

Manche Händler leben so sehr für Qualität, dass sie es auf jede einzelne ihrer Tausenden von Produktseiten schreiben. Ungünstig, wenn man dafür stets dieselbe, fehlerhafte Textvorlage nutzt.

Wir leben für Qualiät!

In diesem Fall wird das Leben dann wohl nicht lang sein.

Dass Schreibunkundige mit dem Auseinanderhalten von indem und in dem Probleme haben, ist nichts Neues. Oft wird „in dem“ geschrieben, wenn eigentlich „indem“ gemeint ist.

Nach dem SIe Ihren Kommentar abgesendet ...
Hier eine Variante von „nach dem“ statt „nachdem“ – Hinweis unter kommentierbaren Artikeln von tagesspiegel.de

Neu ist allerdings, dass es auch umgekehrt geht:

Der Jaguar rammte zudem den Dienstwagen, indem noch ein Beamter saß