Meist werden generell zu wenige Kommas gesetzt. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Besonders hartnäckig werden Kommas überflüssigerweise im Zusammenhang mit den Wörtchen „wie“ und „als“ gesetzt. Das hängt damit zusammen, dass damit oft Nebensätze eingeleitet werden (die dann natürlich mit Komma zu trennen sind), aber wie/als werden ebenso oft auch als reines Vergleichswort genutzt. Ein aktuelles Beispiel auf faz.net:

Das waren Schallplatten, die aussahen, wie Langspielplatten

(…) dann aber in einer ausgedehnteren Variante, als die normalen 3:30 Minuten

(…) dass WDR1 geklungen hat, wie ein Deutschlandfunk für jüngere Menschen

(…) die ähnlich stark für dieses Medium brennen, wie ich selbst

Wird „wie“ oder „als“ unmittelbar vergleichend verwendet (und bildet es mit dem Folgenden keinen eigenständigen Nebensatz), dann steht davor kein Komma.

Das Wort Fehler mit Kühlschrankmagnetbuchstaben geschriebenSo mancher wäre wahrscheinlich sofort bereit, für Onlinejournalismus zu zahlen, wenn dieser wenigstens ein einziges Mal ohne gravierende Rechtschreib-, Interpunktions- und Grammatikfehler daherkommen würde. Heise.de zu einer aktuellen Umfrage:

wollte das deutsche Statistik Portals (…) wissen

Im Schnitt würden die (…) Deutschen 5,45 Euro (…) eine der exemplarisch genannten Seiten ausgeben

Von den 20 bis 29 Jährigen

bei den 20 bis 29-Jährigen

Männer würden (…) mehr Geld geben, als Frauen

Hätte man für diesen Artikel bezahlt – man hätte sein Geld wiederbekommen müssen. Oder Schmerzensgeld.

Das Wort Fehler mit Kühlschrankmagnetbuchstaben geschriebenWährend bei der Welt offenbar einfach zu viele Kommas rumliegen, die dann irgendwo untergebracht werden, wo sie nicht hingehören, hat die taz zu wenig davon.

Auch in einem Interview über geschlechtergerechte Sprache sollte man, bevor man sich überlegt, wo für die Leserinnen und Leser (oder Leserx) der Unterstrich oder das Binnen-I am besten gesetzt werden können, immer erst auf die Kommas schauen:

Nur in ganz wenigen Ländern ist das anders wie in Neuseeland.

(taz.de)

Mit Komma (Nur in ganz wenigen Ländern ist das anders, wie in Neuseeland) wäre der Absatz verständlich gewesen. Stattdessen hat man durch das abwesende Komma mal eben die Bedeutung (fast nur Neuseeland macht es anders) ins Gegenteil verkehrt (die meisten machen es wie Neuseeland). Ein schönes weiteres Beispiel, wie man durch Weglassen eines einzigen Satzzeichens den Inhalt um 180 Grad wenden kann.

Die Welt schreibt über die Automatisierung von redaktionellen Texten – und dass Maschinenjournalisten keine Rechtschreibfehler machen. Vielleicht sollte die Welt tatsächlich mal überlegen, mehr Roboter in die Redaktion zu lassen.

Neben solchen Meldungen setzt die Firma auch auf Wetterberichte.
Ein durch den Algorithmus erstellter Bericht liest sich dann so:

So hätten die Sätze aussehen können, geradlinig und elegant, dem Thema angemessen. Doch der – menschliche – Autor baut stattdessen zwei veritable Kommafehler ein:

Neben solchen Meldungen, setzt (…) auch auf Wetterberichte.
Ein durch den (…)Algorithmus erstellter Bericht, liest sich dann so:

Quelle: Welt kompakt vom 15.5.2014

Maschinen wäre das wohl wirklich nicht passiert – oder sie wären dabei explodiert.

Nachtrag: In der Online-Version des Artikels ist einer der Fehler korrigiert, der zweite weiterhin vorhanden.

Bei einem gerade bearbeiteten Roman fiel es mir wieder auf: Viele Autoren übertreiben es mit der Kommasetzung bei Infinitivgruppen, bei denen der Infinitiv vorangestellt ist.

Den Krieg zu verlieren war nicht seine Absicht.

?Hier würden viele unnötigerweise ein Komma zwischen verlieren und war setzen. Das jedoch würde den Satz auseinanderreißen, ihn ohne Sinn fragmentieren (weder Den Krieg zu verlieren noch war nicht seine Absicht wären für sich genommen komplett, ein Komma würde zu einer Sprechpause führen, die den Lesefluss unnötig bremst, und die Betonung ungewollt vom ersten Teil weglenken).

Seit der Rechtschreibreform ist ein Kommma hier zwar erlaubt (ein sogenanntes Kann-Komma), um zu gliedern oder Missverständnisse auszuschließen, doch die Gefahr einer Fehldeutung besteht in diesem Beispiel nicht. Warum entscheiden sich viele trotzdem für ein Komma? Weil umgekehrt, bei nachfolgendem Infinitiv, ebenfalls ein Komma möglich, aber auch sinnvoller ist, um die Satzgliederung zu verdeutlichen:

Es war nicht seine Absicht, den Krieg zu verlieren.

Hier ist der erste Teil komplett und die Betonung passt auch bei Kommasetzung. Aber Vorsicht: Bei Einleitungen mit z.B. als, statt oder um wird das Kann-Komma sogar zum Pflicht-Komma.

Um den Krieg nicht zu verlieren, änderte er die Strategie.

Ebenso wird ein Komma zwingend notwendig, sobald ein einleitendes Wort wie das hinzukommt, das den nachfolgenden Nebensatz komplettiert:

Den Krieg zu verlieren, das war nicht seine Absicht.

Ansonsten sollte bei vorangestellten Infinitivgruppen generell besser kein Komma gesetzt werden.

Der überwiegende Teil verlangt nur ein mittelmäßiges, allgemeines Sprachniveau.

Das schreibt Plusminus über die deutschen Länder, die ausländische Mediziner anwerben. Wer so etwas schreibt, sollte es besser machen. Doch in besagtem Text schafft Plusminus es, sage und schreibe 15 Fehler unterzubringen, die das Textverständnis teils stark beeinflussen – die vielen und wild durcheinander gesetzten typographisch korrekten und falschen Anführungszeichen und Gedankenstriche nicht mitgezählt. Kleine Kostprobe gefällig?

Wenn der Arzt kaum deutsch spricht ist das für Patienten

in einem hochsensiblen Bereich, wie dem Krankenhaus

Prof. Fred Weiser, der Präsident Verband der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands findet

Optimaler Weise

Sprachprobleme wenn es

Small Talk-Niveau

Mediziner müssen damit weniger Sprachkenntnisse haben, als ausländische Lehrer

Martina Vorlickora hat besteht die Prüfung

Und an der Stelle denk ich, bedarf

dass nichts schief läuft

Fachlich gut aber

Eine Herausforderung, der sich Kliniken stellen müssen erzählt

der Anfang war schon so dass wir alle

meine Kollegen auf Station gesagt haben

Irgendwann ist es dann soweit

Vielleicht sollte man einmal darüber nachdenken, ob man die Rundfunkgebühren nicht auch in Sprachkurse für Mitarbeiter stecken könnte. Oder wie die Autorin schreibt:

Höchste Zeit für deutschlandweit höhere Sprachstandards.

E-Mails, die zur Eingabe von Daten auffordern, sind immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Doch meistens erkennt man dubiose E-Mails allein schon daran, dass die Rechtschreibung haarsträubend ist. Damit ist nun Schluss, denn nun verschicken auch die echten Absender haarsträubende Mails:

„Als Teil unserer Sicherheitsmaßnahmen führen wir regelmäßig Standardüberprüfungen aller PayPal-Konten durch. Während einer solchen Überprüfung, haben wir festgestellt (…)“

Wir haben bei Paypal angerufen und nachgefragt. Diese Mail war tatsächlich echt. Mitsamt Kommafehler. Immerhin: PayPal-Konten wurde korrekt mit Bindestrich geschrieben.

Schönes Beispiel, passend zum Thema Einschübe, für amoklaufende Kommasetzung in der Welt:

Saskia, die ältere Tochter, von SPD-Chef Gabriel

Hier wurde „die ältere Tochter“ wie ein Einschub behandelt und mit Kommas umschlossen.
Einschübe haben jedoch die Eigenschaft, dass man sie auch wegschieben kann, der übrige Satz auch ohne sie auskommt. Versuchen wir das hier mal:

Saskia von SPD-Chef Gabriel.

Das könnte auch ein Ikea-Regal oder die neue Couchgarnitur des SPD-Vorsitzenden sein.

Aus unserer beliebten Reihe „Weltschmerz“:

Schmerzen zu beherrschen, kann man lernen

Ein paar Vorschläge an Welt Online, wo man das Komma noch hätte setzen können:

Schmerzen zu beherrschen kann, man lernen
Schmerzen, zu beherrschen kann man lernen
Schmerzen zu, beherrschen kann man lernen
Schmerzen zu beherrschen kann man, lernen

…für Bedürftige in Berlin werden wohl nicht kommen, aber Sozialtarife für Rechtschreibung bei der Berliner Zeitung wären wohl keine schlechte Idee.

Aus der Serie „Kommas wo, keine hingehören“:

Die Menschen sollten stattdessen, ihren Energieverbrauch einschränken (…)

Sowie: Was ist der Unterschied zwischen dass und das:

kein (…) Versprechen, dass die CDU nicht schon gegeben hätte