Das Echo war bislang eher verhalten, doch der 27. Juni 2017 ist ein besonderer Tag für die deutsche Schrift – und für Orthographiepingel, Sprachfreunde, Deutschlehrer, Typographen und Lektoren –, denn so etwas passiert nicht alle Tage: das Deutsche bekam ganz offiziell einen neuen Buchstaben.

Nun ist es also auch offiziell, nachdem die technischen Voraussetzungen bereits geschaffen worden waren: Das Deutsche hat einen neuen Buchstaben. Die Kultusministerkonferenz hat die Vorschläge des Rechtschreibrates übernommen und das Eszett eingeführt – als großen Buchstaben. In den Rechtschreibregeln heißt es nun:

E3: Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS. Daneben ist auch die Verwendung des Großbuchstabens ẞ möglich. Beispiel: Straße – STRASSE – STRAẞE.

Traditionsbewusste Typographen können ob der Grausamkeit, eine Ligatur (die niemals am Wortanfang vorkommt) zum Großbuchstaben zu adeln, nur verzweifelt den Kopf schütteln, doch nun haben wir den Salat: In japanischen Gebrauchsanleitungen wird vielleicht künftig statt einem B als ß-Ersatz nun der umgekehrte Fall eintreten – und wir werden bald das große Eszett als B-Ersatz erleben.

Es bleibt abzuwarten, ob sich der neue Buchstabe irgendwann auch auf deutschen Tastaturen wird finden lassen, etwa so, wie das Eurozeichen auf der E-Taste zuletzt hinzukam. Wahrscheinlich nicht, denn das Anwendungsgebiet bleibt weiterhin denkbar gering – und die bisherige Lösung, ein scharfes S bei Darstellung in Großbuchstaben als Doppel-s darzustellen, weiterhin erlaubt.

Doch auch ohne reservierte Taste kann man den Buchstaben auf modernen Computersystemen auch jetzt schon tippen: Unter Windows, z. B. in Word, erzeugt man das ẞ mit der Tastenkombination Strg+Shift+ß. Unter Linux gelingt es mit AltGr+Umschalt+S.

Warum haben so viele Schreibende Probleme mit der Null? Kaum jemand würde etwa auf die Idee kommen, „das waren Drei Prozent“ zu schreiben. Bei null gelingt das eigenartigerweise oft nicht.

Momentan liegt er bei Null Prozent

(Die Welt, 2.6.2014)

Die Null als solche schreibt man durchaus groß – also dann, wenn man z.B. die geschriebene Ziffer meint („die Null ist oval“) oder einen Nichtskönner („du Null!“). Geht es jedoch um den Zahlwert, dann ist immer Kleinschreibung angesagt.

Richtig wäre hier also gewesen: null Prozent.

Die Welt schreibt über die Automatisierung von redaktionellen Texten – und dass Maschinenjournalisten keine Rechtschreibfehler machen. Vielleicht sollte die Welt tatsächlich mal überlegen, mehr Roboter in die Redaktion zu lassen.

Neben solchen Meldungen setzt die Firma auch auf Wetterberichte.
Ein durch den Algorithmus erstellter Bericht liest sich dann so:

So hätten die Sätze aussehen können, geradlinig und elegant, dem Thema angemessen. Doch der – menschliche – Autor baut stattdessen zwei veritable Kommafehler ein:

Neben solchen Meldungen, setzt (…) auch auf Wetterberichte.
Ein durch den (…)Algorithmus erstellter Bericht, liest sich dann so:

Quelle: Welt kompakt vom 15.5.2014

Maschinen wäre das wohl wirklich nicht passiert – oder sie wären dabei explodiert.

Nachtrag: In der Online-Version des Artikels ist einer der Fehler korrigiert, der zweite weiterhin vorhanden.

Was man der Welt gar nicht zugetraut hätte – sie zeigt angesichts dessen Humor.

http://www.welt.de/kultur/medien/article125426905/

Beachten Sie den letzten Satz des Artikels.

Screenshot welt.deFür die erste Folge unseres großen Onlinezeitungs-Qualitätstests werfen wir einen Blick auf „Die Welt“, die seit einiger Zeit nicht mehr unter „Welt Online“ auftritt, sondern namensgleich wie das Print-Mutterblatt.

Tag 1, 27.10.2012
– Tippfehler: nachvollziehbarl
– Interpunktion: Hat die Option zurückzutreten.
– Stilfehler: Vorstand arbeitet ja ehrenamtlich
– Stilfehler: ja sogar Recht

Tag 2, 28.10.2012
– Grammatikfehler in Überschrift (sparen)
– falsche Anführungszeichen
– Grammatikfehler (Geld ausgeben)
– Leerzeichen vor schließender Klammer
– Leerzeichen vor Komma

Tag 3, 29.10.2012
– falsche Anführungszeichen, gemischte Anführungszeichen
– Stilfehler: und/oder
– Tippfehler: gefährlich[e]
– Schreibfehler: Regierungstellen

Tag 4, 30.10.2012
– falsche Anführungszeichen
– fehlendes Komma (drohte er das Set)

Tag 5, 31.10.2012
– falsche Anführungszeichen
– Rechtschreibfehler (soviel)
– Inkonsistenzen (Volllaststunden, Volllast-Stunden)
– Kommafehler (subventioniert, als die)
– Rechtschreibfehler (hinzu kommenden)
– Grammatik-/Stilfehler (diesen Jahres)
– Grammatikfehler (eine graduelle Absenkungen)
– Kommafehler (Verluste aber auch)

Tag 6, 1.11.2012
– fehlendes Komma (das obwohl)
– falsche Anführungszeichen
– Kommafehler (Kommunen, verbergen)
– Grammatikfehler (befragter)


Tag 7, 2.11.2012

– Falsche Anführungszeichen
– Bindestrich statt Gedankenstrich
– Schreibfehler (kaputt gespart)
– Grammatikfehler (finde)
– Rechtschreibfehler (20-Jährigen)
– Rechtschreibfehler (HipHop)
– Kommafehler (Opfern)
– Stilfehler (Support)

Nächste Woche: taz

… wäre sie wohl bereit für die Rechtschreib- und Grammatikinsolvenz: Schauen Sie sich mal diesen kleinen Artikel an und versuchen Sie, alle Fehler zu finden.

  • wendeten sich ab statt wandten sich ab
  • bedeutenden statt bedeuteten
  • flott bekommen statt flottbekommen
  • zurück ziehen statt zurückziehen
  • betrieb statt betrieben
  • Die Anführungszeichen sind mal richtig, mal falsch.
  • Wer findet mehr?

    Sich korrekte Rechtschreibung aus der Zeitung abzuschauen, sollte man strikt vermeiden. Dazu schreiben die meisten Journalisten einfach viel zu fehlerhaft. Paradebeispiel: Welt.de gibt im Rahmen des Artikels „Zehn peinliche Fehler im Bewerbungsschreiben“; 12 Tipps für bessere Rechtschreibung – und kann dabei selbst nicht richtig schreiben.

    Welt Online: „Peter’s Rechtschreibfehler“; wäre falsch.
    Richtig ist: Es ist inzwischen freigestellt, ob man ein Genitiv-S mittels Apostroph abtrennt oder nicht.

    Welt Online: Sie, Ihnen und Ihre sollten groß geschrieben werden.
    Richtig ist: es sollte großgeschrieben werden.

    Welt Online: Geographische er-Endungen sollten groß geschrieben werden.
    Richtig ist: auch diese sollten großgeschrieben werden.

    Außerdem liegt das Anführungszeichen im Deutschen am Wortanfang unten, nicht oben!

    Das englische Verb „(to) handle“; hält schon seit längerer Zeit Einzug im Deutschen: statt zu sagen „wir bewerkstelligen das“; oder „das haben wir gut gehandhabt“; sagen immer mehr Deutschsprechende „wir handlen das“;. Geschrieben wird es dann oft allerdings „wir handeln das“; (englisch ausgesprochen). Was nicht selten zu Verwirrung führt, weil es im Deutschen bereits das Wort Handel mit dem dazugehörigen Verb handeln (deutsch ausgesprochen) gibt.

    Die Welt behebt das Problem, indem sie den Anglizismus „handlen“; einfach eindeutscht:

    händeln

    Respekt für soviel Mut in einem traditionellen Blatt (die konservativen Kommentatoren schäumen bereits), aber irgendjemand muss ja mal anfangen.

    Das alte deutsche Wort „Händel“; hat mit der ganzen Geschichte übrigens nichts zu tun, Händel bedeutet (handgreiflicher) Streit/Zank.

    Eine Falschmeldung? Bei Welt Online sind es nicht etwa die vier Politiker, die Andrea Ypsilanti das Ministerpräsidentenamt vermasselt haben, nein, die Welt meldet mehrmals z.B.:

    Das Verhalten der Vier sei „unverantwortlich“;

    Wirklich unverfroren, diese Vier. Wir finden auch, sie sollte es sich einfach weiterhin zwischen der Drei und der Fünf gemütlich machen und sich im Übrigen aus der hessischen Machtneuverteilung heraushalten.

    Wie die Zeit vergeht: 15 Jahre ist es nun her, seit dieses Lektorat seine Arbeit aufnahm. Im Herbst 2006 wurde es in Berlin gegründet. Seit 2015 haben wir unseren Arbeitsmittelpunkt in der Region Hannover.

    15

    Die Hauptseite bildet immer noch das eigentliche Gesicht des Lektorats, doch inzwischen sind auch viele spezialisierte Ableger entstanden: Das Wissenschaftslektorat, das Autorenlektorat oder die Firmenkundenseiten runden das Angebot ab und bilden weitere Informationspools.

    Spannend der Blick zurück: Die damals bereits geschaffenen Kernbestandteile gibt es noch heute: Die Ratgeber zur deutschen Sprache, das Rechtschreibforum oder dieses Weblog – alles nahm vor 15 Jahren seinen Anfang und hat im schnelllebigen Netz nicht nur überdauert, sondern wurde beständig weiterentwickelt. Auch Dinge wie das Fehlerarchiv werden auch nach anderthalb Jahrzehnten weiter befüllt. Etwas später kamen die vollständigen deutschen Rechtschreibregeln in einer internetfreundlichen Komplettansicht dazu. Nur das Aussehen hat sich immer wieder verändert und der technischen Entwicklung angepasst. So sah etwa das Forum in den Anfangszeiten aus:

    Fehler-Haft-Forum

    Responsives Webdesign spielte noch keine Rolle, Smartphones begannen gerade erst, die klassischen Handys abzulösen. Doch das Internet hat bei Fehler-Haft.de schon immer eine primäre Rolle gespielt, es war eines der ersten Lektorate, die das Web nicht nur als Schaufenster für Angebote nutzten, sondern auch den Plattformgedanken verwirklichten: Hier sollte man nicht nur Korrekturdienstleistungen finden, sondern sich auch austauschen, kostenlosen Rat holen (und geben) und sich vielfältig informieren können. Kunden können direkt auf Dokumente zugreifen, und über unsere Statusseiten lassen sich Korrekturen unmittelbar mitverfolgen. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Natürlich sind wir genauso in der „echten Welt“; zu Hause: Unsere Büroräume befinden sich in der Fußgängerzone von Wunstorf, als Teil der Bürogemeinschaft Q6, wo man uns durchs Schaufenster live beim Lektorieren zusehen kann.

    Das 15-jährige Jubiläum feiern wir mit einigen besonderen Überraschungen. Mehr dazu in Kürze auf diesem Kanal.