Sie sind angetreten, den Journalismus ein Stück weit umzukrempeln, es besser zu machen als der übliche werbefinanzierte Onlinejournalismus, welcher Klickzahlen hinterherhechelt, statt sich Zeit für Recherche und die Leser zu nehmen. Übliche Onlinezeitungsartikel kommen dieser Tage quasi nicht ohne Fehler aus. Kein Wunder, dass für so etwas kaum jemand zahlen würde. Die Krautreporter wollen bezahlt werden und werden es auch – direkt von der Leserschaft.

Fehlerhafter Wortumbruch in Überschrift

Aber schreiben die Krautreporter nicht nur bessere Artikel, sondern auch besseres Deutsch als die Kollegen der traditionellen Medien, gelingt die versprochene Qualitätsoffensive auch in formaler Hinsicht? Nehmen sie sich Zeit für Kommasetzung und Rechtschreibung, deren Vernachlässigung das Lesevergnügen trübt? Ein Check der ersten zehn Artikel der Krautreporter unter diesem Gesichtspunkt …

1. Die Wahrheit über die Lügen der Journalisten
von Stefan Niggemeier
48 Typographiefehler
1 Stilfehler
1 Tippfehler

2. Niemand will ihnen die Hand geben
von Victoria Schneider
3 Rechtschreibfehler
3 Grammatikfehler
1 Wortfehler
6 Typographiefehler
1 Stilfehler

3. Das Märchen vom Tante-Emma-Laden
von Peer Schader
1 Rechtschreibfehler
5 Interpunktionsfehler
9 Stilfehler

4. „Ob etwas schlimm ist, muss jeder subjektiv für sich wahrnehmen“
Transkription von Anne Juliane Wirth
1 Rechtschreibfehler
10 Interpunktionsfehler
2 Wortfehler
4 Typographiefehler

5. Rückkehr zur Abschreckung
von Thomas Wiegold
3 Rechtschreibfehler
1 Wortfehler
13 Typographiefehler
1 Stilfehler

6. Kaufland kommt
von Peer Schader
2 Rechtschreibfehler
1 Grammatikfehler
2 Interpunktionsfehler
1 Stilfehler

7. Der Apfel fällt nicht weit vom Bann
von Richard Gutjahr
3 Rechtschreibfehler
2 Grammatikfehler
5 Interpunktionsfehler
15 Typographiefehler
2 Stilfehler
1 Tippfehler

8. Ein ganzes Land in einer Straße
von Christian Fahrenbach
1 Rechtschreibfehler
1 Grammatikfehler
4 Interpunktionsfehler
9 Typographiefehler

9. Eine Sache des Glaubens
von Stefan Schulz
2 Rechtschreibfehler
1 Grammatikfehler
1 Interpunktionsfehler
7 Typographiefehler
2 Stilfehler
2 Tippfehler

10. Der stille Kampf am Rand der großen Wüste
von Rico Grimm
3 Grammatikfehler
1 Wortfehler
111 Typographiefehler
1 Stilfehler
1 Tippfehler

Auch wenn man von Kollateralschäden wie der automatischen Silbentrennung (St-einweg, Barbara St-reisand) einmal absieht, fällt das Ergebnis ernüchternd aus. Kein einziger Artikel wurde ohne Schreib- oder Satzfehler veröffentlicht. Die Krautreporter kommen in dieser Stichprobe auf insgesamt 16 Rechtschreibfehler, 11 Grammatikfehler, 5 Wortfehler, 27 Interpunktionsfehler, 214 Typographiefehler, 18 Stil- und 5 Tippfehler.

296 Schreibfehler in 10 Artikeln von neun Autoren. Das klingt viel, ist im Vergleich zu anderen Veröffentlichungen und im Verhältnis zur Länge der Artikel aber fast noch moderat zu nennen. Gravierende sprachliche Fehler kommen nur vereinzelt vor, geschludert wird vor allem bei der Typographie. Das ist an sich kein Beinbruch, nervt jedoch aufgrund der Häufung und wirkt unprofessionell. Mal stimmen die Gedankenstriche, schon im nächsten Satz wieder nicht. Mal sind die Anführungszeichen korrekt, im darauffolgenden Absatz wieder verkehrt. Auch die Kommasetzung ist nicht optimal, was den Lesefluss schon stärker stört. Grammatik- und Wortfehler sollten gar nicht vorkommen, da sie unter Umständen den Inhalt verfälschen können.

Unsere Autorinnen und Autoren teilen aber ein Verständnis von Journalismus, der unabhängig, sorgfältig und offen ist, und die Verpflichtung auf journalistische Qualität und handwerkliche Standards.

krautreporter.de/pages/ueber_uns

Wer sprachlich nicht völlig unbewandert ist, muss sich angesichts dieses Statements leicht veräppelt fühlen. Für Journalisten, die angetreten sind, um es besser zu machen, könnte es besser sein. Erst recht bei langen Texten, die zum aufmerksamen Lesen einladen, für die man sich Zeit nehmen soll. Die Krautreporter nehmen sich offenbar noch zu wenig Zeit für sorgfältiger geschriebene Artikel. Schade.