?In jüngster Zeit fällt es mir immer öfter auf: Schreibende verwenden den Doppelpunkt mitten im Satz – in Zeitungsartikeln, aber vor allem auch in wissenschaftlichen Arbeiten.

Aus dem Ekel (…) erwuchs die Vorstellung, dass die verschiedenen Funktionen der Stadt: Arbeit, Wohnen, Freizeit und Verkehr, strikt voneinander getrennt werden müssten.

Die Welt, 7.12.2013

Diese Mode lässt die Frage aufkommen, ob das richtig ist. Darf ein Doppelpunkt mitten im Satz stehen? Die Antwort lautet ganz klar: jein. Die Rechtschreibregeln sagen dazu im Grunde nur:

Mit dem Doppelpunkt kündigt man an, dass etwas Weiterführendes folgt.

Ein Doppelpunkt bedeutet rechtschreibtechnisch also zunächst einmal nur: Achtung, hier kommt gleich noch etwas. Doppelpunkte können daher nicht nur dort stehen, wo sonst ein Punkt wäre, sondern etwa auch Satzteile trennen. Aber es gibt auch noch die Grammatik, und die verlangt, dass das Weiterführende in Relation zum Vorhergehenden steht – sonst wäre es ja auch nichts Weiterführendes. Das erfordert allerdings, dass alles, was nach einem Doppelpunkt steht, in sich selbst verständlich ist. Das funktioniert bei dem genannten Beispiel nicht mehr:

Arbeit, Wohnen, Freizeit und Verkehr, strikt voneinander getrennt werden müssten.

Dieses Fragment, für sich betrachtet, ergibt keinen Sinn mehr. Denn das Weiterführende folgt hier nicht nur, sondern unterbricht auch den Nebensatz. Das Komma hinter „Verkehr“ vermag die in Relation stehende Weiterführung nicht zu beenden, denn ein Komma wirkt schwächer als ein Doppelpunkt; was nach einem Doppelpunkt beginnt, kann nicht mit einem Komma abgeschlossen werden.

Daher hätte hier auch kein Doppelpunkt stehen dürfen. Die richtige Wahl sind hier vielmehr das Komma und der Gedankenstrich. Wo man einen einfachen, erklärenden Einschub anbringen möchte, wird schlicht ein Komma gesetzt, und wenn man bewusst – zu Betonungszwecken – eine Sprechpause erzeugen möchte, schließt man die Erläuterung einfach mit Gedankenstrichen ein. Ein Doppelpunkt kann also nicht einfach irgendwo gesetzt werden, um etwas Nachfolgendes anzukündigen – das Gesamtsatzgefüge darf man dabei nicht aus dem Blick verlieren.